Unglücklich als Arzt oder Ärztin: Was kann ich tun?

Viele Ärzte und Ärztinnen starten ihre Karriere mit Leidenschaft für die Medizin und dem Wunsch, Menschen zu helfen. Doch für manche weicht diese Begeisterung im Laufe der Jahre Frust, Stress und Erschöpfung. Hohe Arbeitsbelastung, bürokratische Hürden und wenig Zeit für Patienten sind nur einige der Gründe, warum sich viele Medizinerinnen und Mediziner fragen: Ist die Arbeit als Arzt noch das Richtige für mich?

Dass Sie vereinzelt Tage haben, an denen Sie weniger Elan und Energie mobilisieren können, ist nicht ungewöhnlich. Lassen Sie Ihre Unzufriedenheit aber nicht zu einem Dauerzustand werden. Sie ist ein Warnsignal: Je länger Sie in einer für Sie belastenden Situation arbeiten, desto höher ist das Risiko, dass Ihre Unzufriedenheit weitere Symptome nach sich zieht. Laut einer Ärzte-Umfrage des Portals Medscape berichtet fast jeder zweite Teilnehmer über psychische Probleme. Über lang oder kurz besteht die Gefahr eines Burnouts.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über mögliche Gründe für Ihre berufliche Unzufriedenheit, was Sie tun können, wenn Sie als Arzt oder Ärztin unglücklich sind und wie Sie sich neue Perspektiven in der Medizin eröffnen.

Inhalt

Warum sind viele Ärzte und Ärztinnen unzufrieden?

Die Herausforderungen in der klinischen Medizin sind vielfältig. Einige davon können sich akut auf Ihr persönliches Wohlbefinden und sogar auf Ihre psychische Gesundheit auswirken.

Hohe Arbeitsbelastung: Überstunden, Schichtdienste und Personalmangel belasten die körperliche und psychische Gesundheit vieler Ärzte und Ärztinnen.

Bürokratie statt Patientenbetreuung: Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben nehmen oft viel Zeit ein, die dann für den direkten Kontakt zu Patienten fehlt.

Mangelnde Wertschätzung: Fehlt eine ausreichende Anerkennung der eigenen Leistung, etwa durch Patienten, die eigenen Kollegen oder auch Vorgesetzte, kann das demotivierend wirken und sich langfristig negativ auf die eigene psychische Gesundheit auswirken.

Schlechte Work-Life-Balance: Familie, Freizeit und persönliche Interessen bleiben oft auf der Strecke, wenn Nachtdienste, Wochenenddienste, Rufbereitschaften oder kurzfristige Änderungen im Dienstplan zum Arbeitsalltag gehören.

Was tun, wenn die Unzufriedenheit wächst?

„Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden!“ – was Ihnen vielleicht auf der Zunge liegt, ist häufig nicht der wahre Kern Ihrer Unzufriedenheit. In der Regel gibt es konkrete Auslöser dafür, dass Sie sich unglücklich fühlen. Schnell wirken sie sich auch negativ auf die schönen Aspekte und Erlebnisse Ihres Arbeitsalltages aus. Nehmen Sie sich deshalb Zeit, diese Auslöser zu identifizieren und konkret zu benennen. Klären Sie außerdem, was Ihre Bedürfnisse sind und wie Sie sie realisieren können. Welche Veränderungen in Ihrem beruflichen Umfeld oder Ihrem eigenen Verhalten sind notwendig, damit Sie als Arzt oder Ärztin mit Ihrem Beruf zufrieden sein können?

Finden Sie heraus, woher Ihre Unzufriedenheit kommt

Machen Sie sich die Mühe, in Worte zu fassen, was Ihnen vielleicht offensichtlich erscheint. Um herauszufinden, was Sie im Klinikalltag oder in Ihrer Praxis konkret belastet, kann es helfen, die folgenden Fragen systematisch zu beantworten.

  1. 1. Welche konkreten Situationen oder Aufgaben lösen regelmäßig Stress oder Frustration bei mir aus?
    Sind es Dokumentations- oder administrative Aufgaben, Zeitdruck oder bestimmte Situationen im Umgang mit Patienten?
  2. 2. Welche Aspekte meiner Arbeit rauben mir Energie, anstatt mich zu motivieren?
    Sind es etwa lange Arbeitszeiten oder Nachtdienste, die emotionale Belastung oder das Gefühl, nicht genug helfen zu können?
  3. 3. Fühle ich mich in meinem Arbeitsumfeld wertgeschätzt und respektiert?
    Bekomme ich ausreichend Feedback? Werde ich in meiner Arbeit als Arzt oder Ärztin gehört und ernstgenommen? Gibt es Konflikte auf der Station oder im Praxisteam, die mich belasten?
  4. 4. Erlebe ich meine Arbeit als sinnvoll und im Einklang mit meinen Werten als Arzt oder Ärztin?
    Habe ich genug Zeit für meine Patienten? Kann ich so praktizieren, wie ich es für richtig halte oder fühle ich mich durch wirtschaftliche und organisatorische Zwänge eingeschränkt?
  5. 5. Welche äußeren Rahmenbedingungen meiner Arbeit (z. B. Arbeitszeit, Bezahlung, Karriereperspektiven) belasten mich?
    Welche dieser Faktoren kann ich aktiv beeinflussen und verändern?

Klären Sie Ihre eigenen Bedürfnisse

Wenn Sie klar benennen können, was Sie belastet, haben Sie einen wichtigen Schritt getan. Belassen Sie es aber nicht dabei. Sie haben beispielsweise einen Konflikt mit einem Kollegen oder einer Kollegin? Fragen Sie sich aktiv, welchen gegenseitigen Umgang Sie sich wünschen. Entwickeln Sie anhand der folgenden Fragen positive Vorstellungen davon, was Sie in Ihrem beruflichen Alltag verändern möchten.

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  1. 1. Welche Momente in meinem Arbeitsalltag erfüllen mich oder machen mich glücklich?
    Gibt es Begegnungen mit Patienten, medizinische Erfolge oder andere Erlebnisse, die mir ein Gefühl der Zufriedenheit geben? Wie oft erlebe ich sie?
  2. 2. Welche Erwartungen habe ich an das berufliche und gegebenenfalls persönliche Verhältnis zu meinen Kolleginnen und Kollegen?
    Sortieren Sie, ob kollegiale Konflikte fachlich oder privat motiviert sind und unter welchen Bedingungen sich Ihr Verhältnis verbessern kann. Reflektieren Sie mit Blick auf Vorgesetzte, ob etwa mehr Mitspracherecht, flachere Hierarchien oder regelmäßigeres Feedback Ihre Zufriedenheit erhöhen würden.
  3. 3. Welche Arbeitsabläufe müssten sich konkret ändern, damit sie für mich besser funktionieren?
    Von der Visite bis zur Dienstberatung: Wenn eingeschliffene Routinen stören oder nicht funktionieren, kann das frustrieren. Überlegen Sie, welche konkreten Änderungen Ihre Arbeit unmittelbar erleichtern würden.
  4. 4. In welchen Situationen meines Arbeitsalltags brauche ich Unterstützung? Durch wen?
    Wenn Sie identifizieren konnten, warum und in welchen Situationen Sie sich überfordert fühlen, benennen Sie, welche Art der Unterstützung Ihnen helfen würde (z. B. häufigere kollegiale Beratungen, stärkere Entlastung durch nicht ärztliches Personal).
  5. 5. Welche konkreten Maßnahmen würden die Vereinbarkeit meiner privaten Bedürfnisse mit meiner Arbeit als Arzt oder Ärztin sofort spürbar verbessern?
    Wünschen Sie sich mehr Berücksichtigung Ihrer Lebensumstände bei der Dienstplangestaltung, weniger Überstunden oder eine geringere Wochenarbeitszeit? Versuchen Sie, konkrete Maßnahmen zu benennen, die Sie im Alltag unmittelbar entlasten würden.

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… mit Kolleginnen und Kollegen
Sprechen Sie gezielt mit Kolleginnen und Kollegen, um Konflikte zu thematisieren, um Unterstützung zu erfragen oder gemeinsame Arbeitsabläufe zu optimieren. Nehmen Sie sich dafür Zeit und setzen Sie sich bewusst zusammen, denn das unverbindliche Gespräch zwischendurch kann schnell zu neuen Missverständnissen führen.

… mit Vorgesetzten
Viele Kliniken und Praxen sind bereit, individuelle Lösungen zu suchen, wenn Sie Ihre Bedürfnisse konkret benennen. Kommunizieren Sie Ihre Wünsche, etwa nach einer Anpassung der Arbeitszeiten, nach Weiterbildung oder mehr Anerkennung und loten Sie gemeinsam die Möglichkeiten aus.

… mit Außenstehenden
Oft stellen Außenstehende die besten Fragen oder erkennen mit unverbrauchtem Blick Muster und Lösungsansätze, die Sie selbst übersehen. Schildern Sie Ihre Situation ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen, Mentorinnen und Mentoren oder guten Bekannten, um sich neue Perspektiven zu erschließen.

Karrierealternativen für Ärzte und Ärztinnen: Neue Perspektiven in der Medizin

Wenn Sie trotz aller Bemühungen merken, dass Ihr aktueller Job nicht mehr zu Ihnen passt, sollten Sie über eine berufliche Veränderung nachdenken. Dabei liegt es nahe, einfach die Praxis zu wechseln oder eine Stelle in einer neuen Klinik anzunehmen. Liegen die Gründe für Ihre Unzufriedenheit aber an den Arbeitsumständen in der Akutmedizin, sollten Sie auch alternative Karriereoptionen in Betracht ziehen, die besser auf Ihre Bedürfnisse als Arzt oder Ärztin passen.

Arbeiten in einer Rehaklinik

Die Arbeit in einer Rehabilitationsklinik ist für viele Ärzte und Ärztinnen eine attraktive Option gegenüber der hektischen Akutmedizin, denn der Arbeitsalltag bietet häufig Bedingungen, die weniger Stress als Arzt oder Ärztin ermöglichen. Dazu zählen unter anderem:

  • Mehr Zeit für Patienten: Eine medizinische Rehabilitation dauert mindestens drei Wochen. Als Reha-Arzt oder Reha-Ärztin können Sie sich daher ganzheitlicher mit den Bedürfnissen und Fortschritten Ihrer Patienten beschäftigen und begleiten sie auf dem Weg zurück in Alltag und Beruf.
  • Planbare Arbeitszeiten: Die Aufnahme und Behandlung von Patienten findet nur tagsüber statt und lässt sich besser planen als in der Akutmedizin. Dank einer langfristigen Dienstplanung können Sie ihren Alltag mit genügend Vorlauf organisieren – ideal für eine bessere Work-Life-Balance.
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Regelmäßigere Arbeitszeiten, weniger Überstunden und gute Bedingungen für den Quer- und Wiedereinstieg machen Reha-Kliniken zu einer guten Wahl für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Arztberuf.
Ärztin Rehaklinik

"Arbeiten in einer Rehaklinik bedeutet für mich, endlich meine Patienten in ihrer Gesamtheit behandeln zu können. Und dies in einem Umfeld, das mir Sicherheit bietet und Freiräume ermöglicht."

Dr. med. J. Schnurr
Fachärztin

Tätigkeit im Sozialmedizinischen Dienst

Eine weitere Option ist die Arbeit im Sozialmedizinische Dienst, etwa bei der Deutschen Rentenversicherung. Hier prüfen Sie die Erwerbsfähigkeit von Versicherten oder beurteilen die Notwendigkeit bestimmter Teilhabeleistungen. Die geregelte Tätigkeit als Facharzt mit gutachterlicher Tätigkeit oder Prüfarzt im Sozialmedizinischen Dienst bietet Ihnen eine ideale Perspektive, wenn Sie Wert auf Stabilität, eine verantwortungsvolle Aufgabe und eine ausgewogene Work-Life-Balance legen.

  • Sinnstiftende Arbeit: Ihre Expertise trägt dazu bei, dass Menschen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
  • Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle: Arbeiten Sie als Arzt oder Ärztin ohne Wochenenddienste oder Bereitschaftsdienste und gestalten Sie Ihre Wochenarbeitszeit passend zu Ihrem Leben – nicht andersherum.
  • Homeoffice als Arzt oder Ärztin: Den Vormittag im Büro verbringen, mittags einen Termin wahrnehmen und am Nachmittag zu Hause arbeiten? Als Prüfarzt oder Prüfärztin haben Sie die Möglichkeit, flexibel und mobil zu arbeiten.
Ärztin im Sozialmedizinischen Dienst

„Die geregelten Arbeitszeiten im Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung ohne Nacht-, Wochenend- und Bereitschaftsdienste, wie ich sie aus meinen Tätigkeiten in Kliniken und Arztpraxen kenne, bieten den Vorteil einer guten Work-Life-Balance. Hier ist zudem die Flexibilität einer Teilzeittätigkeit größer als in Klinik oder Praxis.“

Dr. med. Ina de Vries
Ärztin im Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Oldenburg Bremen
Zum Erfahrungsbericht

Erfahrungsberichte: Sie sind nicht allein

Berufliche Unzufriedenheit ist, gerade wenn sie länger anhält, ein belastender und energieraubender Zustand. Vielleicht wissen Sie, was Sie für mehr Zufriedenheit als Arzt oder Ärztin eigentlich brauchen und trotzdem fehlt Ihnen die Kraft, etwas zu ändern. Dann kann es hilfreich sein, Erfahrungsberichte von Menschen zu lesen, die Ihre Situation geteilt und schlussendlich bewältigt haben.

So berichtet beispielsweise Dr. Heike Welkerling, die sich nach fast 20 Jahren im Klinikdienst für eine Gutachtertätigkeit im Sozialmedizinischen Dienst entschieden hat:

„Die Gründe, als Mediziner aus der kurativen Medizin in die nichtkurative ärztliche Gutachtertätigkeit zu gehen, sind sicher vielschichtig und sehr individuell. Manchmal können auch familiäre Schicksalsschläge ausschlaggebend sein, die einen aus dem Berufstrott aufwachen lassen, wie es bei mir der Fall war. Erst hierdurch wurde mir klar, dass nach fast 20-jähriger operativer Tätigkeit in verschiedenen Kliniken mein gesamtes Leben von der beruflichen Tätigkeit bestimmt wurde: neben den Bereitschaft- und Wochenenddiensten stand ich für meine Tumorpatienten natürlich – auch außerhalb der Dienste – an allen Tagen Gewehr bei Fuß. Mit meiner klinischen Erfahrung, dem Interesse am ganzen Menschen über den fachlichen Tellerrand hinaus und der Freude, Dinge auf den Punkt zu bringen, kam mir dann die Idee, eine gutachterliche Tätigkeit als Ärztin auszuprobieren.“

Dr. Heike Welkerling
Fachärztin mit gutachterlicher Tätigkeit
Zum Erfahrungsbericht

Zahlreiche weitere Erfahrungsberichte finden Sie auf unserem Karriere-Blog.

Fazit: Ihre Chance auf einen Neustart im Arztberuf

Unzufriedenheit als Arzt oder Ärztin in der Akutmedizin muss nicht das Ende Ihrer Karriere sein – es kann der Anfang eines neuen Weges sein. Wichtig ist dafür, dass Sie ehrlich reflektieren, woher Ihre Unzufriedenheit kommt und was Ihre tatsächlichen Bedürfnisse sind. Falls diese sich trotz Ihrer Bemühungen nicht mit Ihrem Arbeitsalltag in der Akutmedizin vereinbaren lassen, bieten Rehabilitationskliniken und der Sozialmedizinische Dienst der Deutschen Rentenversicherung attraktive Möglichkeiten für Ärzte und Ärztinnen, die eine bessere Work-Life-Balance in der Medizin suchen.

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